Duftende Pflanzen - Kolumne

30. Juli 2025 - Menschen haben beim Gärtnern ganz eigene Ideen, Ideale oder Ideologien, nach denen sie ihre Pflanzen auswählen. Manche davon sind bloße Moden: etwa die weißen Gärten der farbscheuen Ästheten, die Schottergärten der Schamlosen, denen Pflanzen suspekt sind, oder die „pflegeleichten Gärten“ der Arbeitsscheuen, in denen das bisschen Grün gefälligst alles selbst erledigen soll. Etwas nachhaltiger präsentieren sich immerhin die bienen- und insektenfreundlichen Varianten – mit regionaler Pflanzenauswahl und reichlich Blütenstaub fürs ökologische Gewissen.
Auch ich habe meine kleinen Obsessionen. Eine davon: Duft. Wenn ich zwischen zwei Sorten wählen muss – eine duftet, die andere nicht – ist die Sache entschieden. Und zwar geruchlich. Dabei muss es gar kein olfaktorischer Paukenschlag sein. So käme ich nie auf die Idee, einen Gemeinen Flieder (Syringa vulgaris) zu pflanzen, da mir sein Geruch viel zu aufdringlich ist. Bereits als Kind hatte ich kein Verständnis dafür, dass man sich seine Blüten freiwillig in die Vase stellte. Mir reicht der zart blühende Afghanische Flieder (Syringa afghanica) mit seinem höflichen Duft völlig – oder, wenn es ein etwas größeres Gehölz sein soll, der feine Duft der Fliederblütigen Heckenkirsche (Lonicera syringantha).
Auch bei Rosen gibt es, mit Verlaub, olfaktorische Rampensäue, wie die Damascena-Rose 'Ispahan', die Englische Rose ‚Heritage‘ oder die Centifolia-Rose ‚Fantin Latour‘, deren Duft man bereits aus einiger Entfernung wahrnimmt. Ich bevorzuge eher den luftigen, frischen Geruch der Englischen Rose 'A Shropshire Lad' – gerne in Kombination mit Nelke.
Vor einigen Jahren entdeckte ich einen Koreanischen Wiesenknopf in unserem alten Garten, der auffällig nach einem etwas herben Herrenparfüm roch. Bis dahin war Sanguisorba hakusanensis nicht für starken Duft bekannt. Ich vermehrte das Exemplar, pflanzte es auf Wunsch meiner Frau großflächig aus und benannte die Sorte ‚Alster Luft‘. Einige Gärtnereien zeigten Interesse und nahmen sie in ihr Sortiment auf. Ein Jahrzehnt später war ‚Alster Luft‘ gefühlt in fast jedem zweiten Baumarkt der Niederlande erhältlich. Das hat mich sehr gefreut – auch wenn ich versäumt hatte, die Sorte schützen zu lassen. Übrigens duftet bei der subversiven Staude nicht die Blüte, sondern das Laub.

Duftende Pflanzen in Garten und Haus von Frider Plenzat

Ein bei der Suche sehr hilfreiches Buch ist Duftende Pflanzen in Garten und Haus von Frider Plenzat, das antiquarisch noch gut erhältlich ist. Die erste Ausgabe erschien 1963 im Selbstverlag, später wurde es als Taschenbuch neu aufgelegt. Es ist ein Plädoyer für einen Garten der Duftkultur – eine Gartenidee, die mit der Renaissance beinahe verloren ging. Als Gärten sich zu Schaugärten der Repräsentation wandelten, war der würzige Garten längst in die Kräuter- und Küchenabteilung verbannt worden. Später wurde der Duftgarten den Blinden und Therapiebedürftigen gewidmet – dabei sollte Duft doch eine Tugend in sämtlichen Gärten sein.

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▲ Übersicht der Gartenkolumne "In meinem Garten"


Die Kolumne „In meinem Garten“ erscheint seit August 2018 sechsmal im Jahr im Magazin "Im Garten". In der Kolumne schildert Gartenplaner Torsten Matschiess Erlebnisse aus dem Alltag der Gartengestaltung. Alles dreht sich um Pflanzen, ihre Verwendung und empfehlenswerte Bücher über das Gärtnern. Sie erhalten das Magazin kostenlos in vielen Raiffeisenmärkten, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Gartenfachmärkten.


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