Faszination Großstauden - Kolumne

16. Juni 2025 - Als ich in den Nullerjahren begann, mich nicht mehr nur für essbare Pflanzen zu interessieren, waren es vor allem die Großstauden, die mich in ihren Bann zogen. Wer wundert sich nicht jedes Jahr aufs Neue, wenn nach dem Rückschnitt im späten Winter das große Warten beginnt: Haben alle Stauden den Winter überstanden? Werden sie wieder austreiben?

Wenn ich im zeitigen Frühjahr noch auf winzige Winter- und Frühblüher wie Krokusse, Winterlinge oder Blausterne herunterschaue, fällt es mir schwer zu glauben, dass ich im Sommer den Blick heben und ein paar Schritte zurücktreten muss – etwa um die wuchtige Erscheinung der Kalifornischen Aralie zu würdigen. Mit den Jahren kann sie gut fünf Meter breit und zweieinhalb Meter hoch werden! Oder die drei Meter hohe Riesen-Sonnenblume Helianthus giganteus 'Sheila’s Sunshine', die mir jedes Jahr aufs Neue den Atem raubt.
Was sonst nur Gehölze leisten, gelingt im Sommer auch mit Stauden: Sie schaffen Räume, gliedern Flächen, spenden Schatten und bieten Sichtschutz. Besonders in kleinen Gärten oder auf Terrassen lassen sich Großstauden gezielt als lebendige Raumteiler einsetzen – bevor sie vor dem Neuaustrieb wieder bodennah zurückgeschnitten werden.
Neben diesen gestalterischen Möglichkeiten fasziniert mich vor allem die Dynamik: Von null auf drei Meter Höhe (und Breite!) in wenigen Monaten – was für ein Schauspiel! Da verzeihe ich sogar all den staudigen Sonnenblumen, dass sie fast alle gelb blühen und aus Nordamerika stammen.

Wer nun allerdings meint, dass das Gärtnern mit Großstauden ein Selbstläufer sei, sei gewarnt: Schnecken und Wühlmäuse lieben sie mindestens genauso wie ich. Gerade in der Austriebsphase sind viele Großstauden ein Leckerbissen für Nacktschnecken. Versäumt man es, während ein paar regnerischen Frühlingstagen nach dem Rechten zu sehen, können selbst eingewachsene Bestände von Purpurdost, Weidenblättriger Sonnenblume oder der erwähnten Aralie schnell dezimiert oder gar vernichtet sein.

Auch das spätere Integrieren von Großstauden in eingewachsene Beete verlangt Aufmerksamkeit. In ihren jungen Jahren dulden diese durchsetzungsstarken Pflanzen nämlich kaum Konkurrenz – weder von direkten Nachbarn noch von wild aufkommendem Beikraut. Einmal eingewachsen sind es imposante Erscheinungen, die kaum noch Pflege benötigen. 

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Die Kolumne „In meinem Garten“ erscheint seit August 2018 sechsmal im Jahr im Magazin "Im Garten". In der Kolumne schildert Gartenplaner Torsten Matschiess Erlebnisse aus dem Alltag der Gartengestaltung. Alles dreht sich um Pflanzen, ihre Verwendung und empfehlenswerte Bücher über das Gärtnern. Sie erhalten das Magazin kostenlos in vielen Raiffeisenmärkten, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Gartenfachmärkten.


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