Zier- oder Nutzgarten? - Kolumne

06. Februar 2023 - In Deutschland teilen sich gärtnernde Menschen immer noch sehr oft in zwei Arten. Da gibt es Selbstversorger, die Teile ihrer Nahrung im eigenen Garten ziehen und alle Tätigkeiten, sogar ihren Kompost daraufhin abstimmen. Die andere Gruppe erkennt im Garten eher das rein ästhetische Moment. Nicht umsonst heißen solche Anlagen oft „Ziergarten“ in Abgrenzung zum sogenannten „Nutzgarten“.

Samenstand von Foeniculum vulgare Rubrum

Samenstand von Foeniculum vulgare 'Rubrum'

Ich habe diese Unterscheidung noch nie so richtig akzeptiert. Für mich ist es eher eine Qual zu entscheiden, ob ich meine Artischocken nun rechtzeitig zum Essen ernte – ich liebe Artischocken, besonders die etwas bitteren Sorten zusammen mit einem Estragon- oder Knoblauch-Dipp – oder warte ich lieber, um die wunderschöne Blüte zu erleben. Immerhin zieren die Blütenstände ja bis ins Frühjahr hinein. Meine Lösung ist einfach: ich plane einfach genügend ein und überlasse die Ernte einer spontanen Laune.
Ähnlich verhält es sich mit meinen Taglilien, einer sehr fleischigen, orangen Auslese, mit einem süßen, nussigen Geschmack nach Erbse. (Obacht, nicht alle sind essbar und lecker!) Als ich mit dem Gärtnern anfing, standen sie noch im Gemüsebeet. Das wurde mir mit der Zeit allerdings zu dogmatisch, und ich mag es, wenn überall im Garten was zum Naschen steht. Besonders wichtig sind mir Kräuter und Gewürze, die sich überall im Garten verteilen. Warum sie nicht in einem Kräuterbeet stehen? Ganz einfach: sie haben sehr unterschiedliche Anforderungen an den Standort und benötigen mal mehr, mal weniger Licht, Nahrung und Wasser. So gibt es allein beim Thymian Arten und Sorten mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Die meisten wollen trocken und in voller Sonne stehen, aber Arznei-Thymian (Thymus pulegioides) oder Frühblühender Thymian (Thymus praecox) vertragen durchaus etwas Beschattung. Problematischer wirkt sich Enge im Kräuterbeet aus, wenn Pflanzen zu wüchsig und verdrängend sind. So ein Bronzefenchel (Foeniculum vulgare 'Rubrum') wird über einmeterfünfzig hoch, sehr breit und kann sich durch Versamung weiter ausbreiten. Da kann so ein Beet leicht zu klein werden, insbesondere, wenn auch die Beschattung durch solche Riesen zunimmt.

Chaenomeles cathayensis Blüte

Heute möchte ich Ihnen einen Surftrick verraten. Viele Kräuter stammen nicht aus unserer Region und in ihrer Heimat werden oft nicht die botanischen Namen verwendet. Bei der sehr attraktiven und hier noch nicht sehr bekannten Cathaya-Scheinquitte nützt es wenig, wenn man den botanischen Namen (Chaenomeles cathayensis) in einer hiesigen Suchmaschine sucht, denn diese wird dann eher hiesige Suchergebnisse auswerfen. Sucht man hingegen nach dem chinesischen Namen (毛叶木瓜) erhält man plötzlich Fundstellen mit Fotos vom Naturstandort und Informationen aus erster Hand, die sich dann mittels eines Übersetzungsprogramms schnell erschließen.

▲ Übersicht der Gartenkolumne "In meinem Garten"


Die Kolumne „In meinem Garten“ erscheint seit August 2018 sechsmal im Jahr im Magazin "Im Garten". In der Kolumne schildert Gartenplaner Torsten Matschiess Erlebnisse aus dem Alltag der Gartengestaltung. Alles dreht sich um Pflanzen, ihre Verwendung und empfehlenswerte Bücher über das Gärtnern. Sie erhalten das Magazin kostenlos in vielen Raiffeisenmärkten, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Gartenfachmärkten.


Gartenplanung
Impressionen
Publikationen
Vorträge
Kontakt