Staudenwiese

Gärten als Schule - Kolumne

29. Januar 2024 - Neulich dachte ich darüber nach, ob ich heute auch gärtnern würde, wenn ich als echtes Stadtkind mit dem Privileg eines eigenen Gartens aufgewachsen wäre. Ich erinnere mich, dass ich Spaziergänge durch den Botanischen Garten Rombergpark in Dortmund liebte, ebenso das gelegentliche Spielen im Garten meiner Großeltern. Das war ein schmales, langgezogenes Grundstück mit Birnenspalier, einigen Obstgehölzen und entlang der Wege waren Bierflaschen verkehrt herum im Boden eingelassen worden. In anderen Regionen dienten Weinflaschen als Beeteinfassung, aber im Ruhrgebiet war Bier geläufiger. Angeblich vertrieben die Töne der Flaschen Wühlmäuse und Maulwürfe. Als Kind dachte ich, dass man schon ziemlich viel Bier getrunken haben muss, um daran zu glauben.

Ich höre nun häufiger die Forderung, Kindern wieder das Gärtnern nahe zu bringen, sei es in Schulgärten oder daheim. Die Idee dahinter ist gewiss lobenswert. Nahrung und Gartenkultur sollten wieder stärker wertgeschätzt werden, um Verschwendung und Schottergärten zu verhindern. Neulich war ich kurz zu Gast in einem niederländischen Projekt, wo ein Gemüsegarten als Praktikumsfeld für ganze Schulklassen dienen sollte. Die Intention hinter diesem Garten war sogar noch simpler: Die angeschlossene Gastronomie und einige Handwerksbetriebe als Initiatoren wollten hier die noch zur Arbeit bereiten oder fähigen Jugendlichen erkennen, um ihnen eine Ausbildungsstelle anzubieten. Ob solche Arbeitsgärten tatsächlich die Freude an der Tätigkeit vermitteln können?

Nun ist Freude ja auch nicht der wichtigste Aspekt von Schulgärten. Hier geht es eher um die Vermittlung von Naturerfahrung, das Erlernen von Verantwortung unter sich ständig verändernden Bedingungen und den sozialen Aspekt des gemeinsamen Tuns. Allerdings ist es in einem solchen Umfeld immerhin möglich, dass der Funke überspringt. Sei es im Gelingen einer gärtnerischen Idee oder sei es im demütigen Erkennen, was der "Natur" von ganz allein gelingt.

Buchcover Paradies mit Laube von Stefan Leppert

Meine Buchempfehlung befasst sich mit einer relativ jungen Nische der Gartenkultur, dem Schrebergarten. Stefan Leppert ist Landschaftsarchitekt und Gartenjournalist. Bekannt wurde er als Buchautor und Übersetzter vieler wunderbarer Gartenbücher. "Paradies mit Laube" erschien bereits 2009 bei DVA und ich habe es erst viel später entdeckt, als ich überlegte ein Porträtbuch über außergewöhnliche Schrebergärten und Lauben zu schreiben. Sein Blick auf dieses vorurteilsbelastete Thema ist immer freundlich und interessiert, was uns viele interessante Einblicke in die erstaunlich bunte Welt der Lauben, Datschen und Parzellen eröffnet.

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▲ Übersicht der Gartenkolumne "In meinem Garten"


Die Kolumne „In meinem Garten“ erscheint seit August 2018 sechsmal im Jahr im Magazin "Im Garten". In der Kolumne schildert Gartenplaner Torsten Matschiess Erlebnisse aus dem Alltag der Gartengestaltung. Alles dreht sich um Pflanzen, ihre Verwendung und empfehlenswerte Bücher über das Gärtnern. Sie erhalten das Magazin kostenlos in vielen Raiffeisenmärkten, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Gartenfachmärkten.


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